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Abweichungen

animalisch, innerlich, gespenstisch, autistisch

Raben-Moral

Kants kategorischer Imperativ gilt noch bis heute, wird vollmundig verkündet. Leichte Zweifel sind möglich, vielleicht auch angebracht. Weder die Sterne noch die Elementarteilchen kennen Moral. Moral wird als eine gesellschaftliche Eigenschaft verstanden. Diese könnte im Prinzip auf allgemeinere Strukturen erweitert werden. Es geht also um Definition und deren Bereiche und handelt sich damit um etwas ziemlich Menschliches.

Doch können auch Tiere moralisch handeln imd etwa gar auch Pflanzen, die nach neuen Erkenntnissen durch unterirdische Rizome miteinander verbunden sind und deren wesentlicher Teil des Lebens sich vielleicht unterirdisch abspielt, während sie “oben” nur Energie regenerieren?

Konkreter gefragt: Haben Ameisen und Bienen, denen ein Staat nachgesagt wird, bereits eine Moral oder “erst” Affen, oder haben verschiedene Völker verschieden viel Moral? Legalität gibt es in Form von Naturgesetzen überall. Sie wird daher wohl nicht “zu Unrecht” als etwas empfunden, das nicht gerade “von der Basis” herkommt. Eine solche Basis wird offensichtlich von Instinkten geleitet, die also eine Basis für Moral sein könnten. Wenn sich sodann irgendwo der Anteil von Instinkten in einer “Gesellschaft”, also einem Wesen, das sich erst rekursiv bildet, ändert, ist das der logisch scharf verstandene Raumzeit-Punkt oder der eher unscharfe Zeitraum, an dem Moral entsteht? Kant würde wahrscheinlich Kopf-stehen, wenn er das gehört hätte. Aber fängt unsere heutige hiesige Gesellschaft dann, gar nicht nach Art von Kant, zu kämpfen an?

Das Problem wurde und wird durch Individuen verschärft, die nicht hinter wie-auch-immer definierten Grenzen einer Gesellschaft leben. Ein Rabe als moderner Nomade alzeptiert eben nur Grenzzonen, nicht aber scharfe Grenzlinien. Die Gesellschaft schlägt jedoch buchstäblich zurück, indem sie immer mehr Gesetze erlässt, aber meist ohne für den Abbau, also moderner ausgedrückt die Entsorgung nicht mehr gebrauchter Gesetze zu sorgen, Speziell betrifft das durch solche Gesetze begründete Sonderleistungen, vor allem unter dem Namen Subvention bekannt.

Ein im Ausland lebender sogenannter Staatsbürger, also ein Lebewesen mit einem gültigen, die Zugehörigkeit bestätigenden Pass, entzieht sich mehr oder weniger zwangsläufig einem Teil der Legalität der betreffenden Gesellschaft. Die Möglichkeit, dann und dort etwa eine Krankenversicherung stillzulegen, aktualisiert diese Frage. Muss im eigenen Land eine auch für andere Länder geltende Krankenversicherung abgeschlossen werden, und lässt sich das überhaupt durchsetzen? Das hat sehr schnell mit Status und erworbenen Rechten zu tun. Wer während seiner Abwesenheit weiterhin eine bewirtschaftete Wohnung zur Verfügung hat, muss sich überhaupt nicht abmelden, was übrigens ein typisch deutsches Wort ist. Die angeblich freiheitsliebenden Amerikaner, welche aber dortige First Nations durchaus knechten, kennen es zum Beispiel gar nicht.

Die Story eines solchen modernen Nomaden kann sich nach seiner Rückkehr aus was-auch-immer für Gründen völlig ändern. Eine stillgelegte Krankenversicherung wieder zu eröffnen ist angeblich sein gutes Recht, kann jedoch, wie eigene Erfahrung eines Raben zeigt, bürokratisch effektiv und im Sinne der gesellschaftlichen Kosten eingeschränkt werden, und zwar durchaus in Übereinstimmung zwischen lokalen Behörden und besagter Krankenversicherung, welche beide gemeinsam im Interesse der ominösen Öffentlichkeit meinen, daraus Nutzen ziehen zu können.

Ein Rabe kann das entweder als Kriegserklärung oder harmloser als Spiel auffassen. Das bedeutet im ersteren Fall einen Gang zu einem Rechtsanwalt mit viel Aufwand von unbezahlter und persönlich vielleicht höher als gedacht bewerteter Zeit. Im zweiten Fall kann sich solch ein vielleicht nicht völlig dummer Vogel an Eric Berne’s “Spiele der Erwachsenen” erinnern und die dort gelernte simple Regel befolgen, entweder mitzuspielen oder eben nicht. Das ist genauso wie der eben erwähnte soziale Status auch ein Kräftemessen, jedoch nicht nach kulturellen Regeln, sondern nach physischer Kraft. Mit anderen Worten heißt das, er wird sich möglicherweise so stark und gesund fühlen, dass er auf besagte Krankenversicherung pfeift und selber für sein Wohl nach eigenem Verständnis sorgt. Ein Rabe merkt dabei schneller als ein Mensch, dass es dabei nicht nur auf rationale Argumente, sondern sehr sogar auf Gefühle, Aktivitäten und in seinen Augen sogar besonders auf Sex ankommt. Letzterer wird in einer fest gefügten Gesellschaft aber tendenziell herunter geschraubt, um bessere Wirtschaftsleistung im meist akzeptierten kapitalistischen System zu erzielen.

In einer sich weniger nur rational verhaltenden Gesellschaft wird eine vergleichsweise höhere Rolle von sexueller Aktivität mehr anerkannt, und zwar in gewissem Rahmen sogar unabhängig vom persönlichen Alter. Da sich aber durch natürliche Eigenschaften bzw. Veränderungen (Menopause sollte möglichst wenig erwähnt werden) die Lust von Frauen für besagten Sex ab einem gewissen Alter erheblich verringern kann, entsteht daraus eine deutlich ins Gewicht fallende Neigung älterer Männer zu erheblich jüngeren Frauen, welche durch moderne Geburtenverhütung auch nicht mehr dieselben schlechten Folgen für letztere haben müssen, obwohl die Männer insgeheim vielleicht immer noch von dem Wunsch getrieben sind, sich zu vermehren. Darüber hinaus könnten junge Frauen von älteren Männern aber kulturell deutlich mehr als von Altersgenossen profitieren, so dass also doppeltes Gewicht in die Waagschale fallen würde. Doch eine Gesellschaft ist ein träges Ding, und bis eine schleichende Anpassung geschieht, können lange Zeiten vergehen, während deren heftig gegen derartige neue “Entwicklungen” gemeutert wird, welche eindeutig Grenzüberschreitungen darstellen.

Und die Moral von der Gechicht’? Traue keiner Moral doch nicht! Wer das dennoch tut, ist ab einem gewissen Punkt der oder die Dumme, falls das trotzdem geschieht.

Wenn aber die Gesellschaft einem solchen Raben ohne Krankenversicherung den Krieg erklären will, hat dieses moderne Tier durchaus wirksame Waffen, doch ganz anderer Art, als sich das die Menschen im Allgemeinen vorstellen. In der jüngsten Form unserer immer weiter “perfektionierten” Gesellschaft wird zum Beispiel die Zugehörigkeit zur Krankenversicherung mit Computern auf der einen Seite und Chipkarten auf der anderen Seite erfasst. Das begründet ein neues Spiel mit theoretisch beidseitig gültigen Regeln, welche jedoch meist nicht völlig bekannt sind oder sein müssen. Denn die gute Gesellschaft kann die Daten all der Kranken einsammeln und daraus Reibach machen – welchen auch immer mag nicht sehr bekannt sein. Der Rabe ohne Versicherung lässt aber über seinen Gesundheitsstand nichts verlauten und merkt, wenn er eine gewisse Bewusstseinsstufe erlangt hat, dass diese Kenntnis durchaus einen nicht unerheblichen Wert hat. Er kann verheimlichen und also vielleicht weder Leuten in seinem jeweiligen Umkreis noch insbesondere seinem intim mit ihm verbandelten, aber genauso wie jene Leute aushorchbaren Computer etwas darüber erzählen, wo ihn wie stark ein Zipperlein plagt. Er vergrößert damit die Unsicherheit der Gesellschaft, die aus Machtgründen eher an schmalen Grenzzonen interessiert ist, während das im Interesse von Individuen überhaupt nicht der Fall sein muss. Games people play – also Spiele der Erwachsenen!

Doch bitte-schön nicht vergessen: Spiele können in Kriege übergehen. Der Sinn für Spielerisches in Auseinandersetzungen ist gewiss zumindest bei einigen vitalen Individuen stärker ausgeprägt als bei einer unübersehbar meist erheblich von einer schweigenden Mehrheit beherrschten Gesellschaft. Wer die Regeln macht, hat die Macht. Nomaden befolgen natürlich in einem gewissen Bereich eigene Regeln, und die Regeln von Raben sind gewiss nicht ganz einfach zu erforschen, was insbesondere dann auf selbsterrichtete vielleicht zu scharfe Grenzen stoßen wird, wenn solche Forschung sich auf reine Rationalität beschränkt, worauf insbesondere in großen Institutionen geachtet wird.

Die Folge ist wenigstens zu einem gewissen Teil, dass Außenseiter von den einerseits braven und andererseits gut bezahlten und an ihrem genehmigten Publikationsoutput gemessenen Streitern für ihre Karriere ignoriert und herabgewürdigt werden. Sexualität wird nur als rational zu behandelndes Forschungselement zugelassen und ansonsten tabuisiert, was durch das allgemein sanktionierte Tragen von Schlipsen als eindeutigem Sexsymbol insbesondere bei der Ausübung von Machtpositionen deutlich gemacht wird. Ein Rabe findet dieses Symbol teils lächerlich, teils sogar widerlich, weiß aber wohl, dass Balzkostüme auch anderwo in der Natur wirkungsvoll eingesetzt werden.

Sein eigentliches Thema wird aber vor allem sein, dass die Menschen seine animalisch anmutenden Texte schlicht und einfach nicht lesen. Das geschieht nur noch, wenn gesellschaftliche Institutionen ihr Jawort in die Medien geblasen haben. Auch der harte viel jene kostbare Zeit erfordernde Kampf um Karriere wirkt in die gleiche Richtung. Das hat zusätzlich zur Folge, dass die Fähigkeit zu lesen auch allgemein darunter mehr und mehr leidet.

Ein daraus folgender Entschluss, mit solcher Schreiberei zunehmend aufzuhören, mag mit ebenfalls zunehmend nachlassenden eigenen Kräften zusammenfallen und somit nicht schwer sein. Im Grunde sind genügend Texte vorhanden, um bei entsprechendem Wunsch in die Geheimnisse der an allerlei Stellen selbstgeschaffenen Welt eines menschlichen Raben einzudringen. In der modernen Medienwelt wird das den Suchenden durch hashtags erleichtert, die hier also mit einem letzten Krächzen auch noch angefügt werden.

Das kurzes Fazit aus persönlichen Erfahrungen, die sich gleichsam rekursiv an das Thema annähern, verzichtet auf rationale Begründung. Interesse und Toleranz sind Grundzutaten eigener Moral.

Raab raab!

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Intimität

In meiner Jugend ging es wenig intim zu. Umso mehr habe ich diese Lebensqualität später gesucht, aber nur bei Frauen, denn es waren Männer, die Krieg geführt haben und die Bauernjungen, die mich nach dem Krieg prügeln wollten. Aber das ist nur eine fast überflüssige Vorbemerkung.

Inzwischen habe ich gemerkt, dass Intimität gewiss nicht nur eine rationale Angelegenheit ist. Na ja, manche haben schon meine Leier gehört, dass auch Gefühle, natürlich auch die unerwünschte Sexualität, und sogar Arme und Beine, „natürlich“ nur Symbole für Aktivität und Mobilität, auch dazu gehören. Mit all diesem habe ich mich zunehmend mit zunehmendem Alter beschäftigt und nicht das Märchen geglaubt, dass mann dabei immer in seiner Altersklasse bleiben muss. Angehörigen von Schulklassen habe ich jedoch nie Unrecht getan, doch kaum waren sie darüber hinaus und konnten als für sich selbst verantwortlich akzeptiert werden, hat das umso mehr Freude gemacht.

Fast nie gab es aber unter ihnen ein wirkliches Interesse an dem, was ein schon alternder, aber noch jugendlicher Knabe wie ich denen noch bieten konnte oder hätte bieten können. Das war immer eindeutiger nicht deren Schuld, sondern lag und liegt daran, dass schon kleinsten Kleinkindern von ach so wohlwollenden Erwachsenen in die Öhrchen geflüstert wurde und wird, wie schlimm und gefährlich für sie doch jene Subjekte sind, jene dirty old men! Die süßen Kleinen nehmen diese Gedanken der gedankenlosen Älteren selbstverständlich als nicht hinterfragbare Weisheit mit ihren Spiegelneuronen auf, welche später abgeschaltet werden, so dass Nachforschungen ziemlich schwierig sind.

Nun haben aber nicht nur jene so attraktiven Wesen nicht nur sexuelle Intimitäten zu bieten, sondern es könnte nach Einsicht eines Raben, der viel und weit herumgeflattert ist, auch um ganz andere Bereiche gehen, wobei fast alle Grenzgebiete obendrein noch für fuzzy erklärt worden sind, was immer dieses für dumm und überflüssig angesehene Wort auch meinen mag. Zum Beispiel können die Erfahrungen eines langen und nicht immer, aber manchmal doch erfreulichen Lebens durchaus intim sein und einen Gegenwert für jugendliche sexuelle Reize darstellen. An dieser Stelle schreien zwar alle Moralapostel sofort „nein!“, doch es kommt noch schlimmer. Denn nicht nur länger zurückliegende Erfahrungen, sondern auch aktuelle Befindlichkeiten könnten in diese Bereiche einfließen, welche vielleicht noch mehr als unpassend für jüngere Menschen und überhaupt andere Menschen angesehen werden. Um was geht es denn aber dabei?

Befindlichkeiten eines älteren Menschen, vielleicht sogar auch schon eines jüngeren, sind gewiss auch alle seine medizinischen Befunde, seine kleinen oder größeren Wehwehchen, eben all das, was „normalerweise“ nicht jedem Anderen unter die Nase gebunden wird,- nicht nur Bauchschmerzen, sondern vielleicht noch viel „intimere“ Dinge tief unter der Haut oder gar in der ominösen Psüüüche. Dabei handelt es sich um Information mit möglicherweise hohem Handelswert, welche ein in dieser Hinsicht hoch entwickelter Staat seinen Untertanen per Chipkarte in der für den ärmeren Teil der Bevölkerung angeblich zwingend vorgeschriebenen Krankenversicherung abzapft und in Cloud-Gemeineigentum überführt.

Ein abseitiger Rabe kann natürlich diesem willkürlich kultürlichem Spiel ausweichen, was bereits im Zusammenhang mit seinen von keinerlei Klan geprägten Moralvorstellungen erwähnt wurde. Insbesondere erleichterte das wohl nicht ganz zufällig die Tatsache, dass nach seinem Rückflug vom durch Umsturz geplagten Thailand die vor Jahren stillgelegte Krankenversicherung bei der AOK Bayern nicht wieder aktiviert wurde. Diese Versicherung verlangte, dass erst das Bezirksamt Berlin-Kreuzberg . . . und dieses forderte ebenso, dass erst die Krankenkasse . . . - sie blockierten sich eben sinnvollerweise im vielleicht gegenseitigen Einverständnis gegenseitig. Sie weigerten sich, direkt miteinander zu kommunizieren. Da hätte nur ein Rechtsanwalt und vor allem erheblicher persönlicher und selbstverständlich kostenloser Zeitaufwand geholfen. Das wollte aber der Rabe nicht, der sich in wachsendem Selbstbewusstsein für schlauer hielt. Er hatte inzwischen den göttlichen Glauben übernommen, dass Zeit die kostbarste aller Währungen sei und nicht etwa Bitcoins.

Der arme Rabe musste dagegen den Glauben aufgegeben, dass noch eine genügend jüngere Maid mit ihm ins Bett kriechen würde. Er muss also woanders sehen, ob er noch ein paar Milligramm Intimimidität findet. Diese wird aber vermutlich nicht mehr dasselbe sein wie das, was er früher gepickt hat.

Er kann außer Lebenserfahrungen und wenig gewürdigten Einsichten aus diesen nur noch nicht unbedingt interessante Kenntnisse der eigenen Befindlichkeit bieten und damit hausieren gehen. Doch wie wo und wann gehen solche Transaktionen vor sich und in welcher Währung werden die Handelsabschlüsse getätigt? Raab raab – es geht ihm nun vor allem um Probleme der Kommunikation zwischen mehr menschlichen und mehr animalischen Wesen, also den diesbezüglichen Grenzbereich. So hat sich der Vogel schon seit über zehn Jahren fast tagtäglich hingesetzt und zwar nicht zu Papier gebracht, aber doch in Datenspeicher der verschiedensten Art eingefüttert, was er erlebt und welche zunehmend als „irgendwie“ philosophisch eingeordneten Schlüsse er daraus gezogen hat. Doch dieses Gemisch wollte kaum jemand lesen, weil es vielleicht zu sehr animalisch roch. Offensichtlich konnte fast niemand es riechen.

Das hat den durchaus die Reaktionen des Umfeldes beobachtenden zunächst noch scharfäugigen und zunehmend fuzzy sehenden Vogel nicht gerade erfreut. So hat er einerseits versucht, besagtes Gemisch näher bekannten Menschen unter die Nase zu reiben und andererseits dem weltweiten Gewebe der technisch hochgerüsteten Computer-Besitzer anzubieten. Hin und wieder guckte auch mal dieses oder jenes Individuum hin, doch die Reaktion war meist mager.

Nicht immer den Anderen die Schuld geben ist auch für einen solchen sich modern plusternden Krächz-Vogel nicht einfach. So zum Beispiel, dass dieser Vogel den inneren Vogel hat, keine Werbung zu mögen, und darum den Zugang von Werbung in seinem Feuerfuchs gesperrt hat. Lange merkte das tumbe Tier nicht, das damit auch die Antworten auf sein Gezwitscher gesperrt waren. Was tun, dachte er und schimpfte erst mal auf die Anderen so wie er es in seiner Jugend in dieser angeblich so perfekten Gesellschaft gelernt hat. Doch Pustekuchen!

Inzwischen sinnt dieser Rabe auch auf Rache. Wenn keiner lesen mag, weder Freunde noch Gemeinde, dann wird er auch niemandem erzählen, was ach so intim mit ihm los ist. Also bekommt niemand und wirklich niemand zu wissen, was ihn denn wo zwackt und wann er auf welche Weise zu sterben erwartet oder plant. Schließlich steht in den zig-tausend Seiten, die er schon geschrieben hat, zwischen den Zeilen, für einen aufmerksamen Leser durchaus feststellbar, aber wohl nur für einen solchen, schon längst genug von dergleichen Informalisierung. Aber was er wann für welche Wehwehchen hat und ob diese vielleicht einschränkend oder lebensbedrohend sind, das bleibt im fuzzy Nebel. Rache ist Blutwurst! Nur soviel: Novichok gehört nicht zu seinen Medikamenten.


200924



Traumgespenster

Was auch immer um ein Uhr nachts in einem Alten Träume von fernen Zeiten auslöst, ist das wichtig? Skurriler Brotbelag aus Genoveser Pesto und Senf oder Diclophenac gegen Schmerzen im Arm – nur die Geschehnisse zählen und erzählen scheinbar längst Vergessenes oder Verdrängtes.

Dunkle Nacht als Zehnjähriger im winterfest gemachten Wochenendhaus an der Küste hinterm Deich. Gellende markdurchdringende ferne Schreie einer Frau um Hilfe, kilometerweit weg über leere Felder. Schüchterne Frage: Was kann man tun? Da kann man nichts tun, sagt die Mutter. Der einzige weitere Hinweis war die kräftige Betonung des „nichts“ – klein geschrieben.

Träume blenden genial weite Zeiträume über. Etwa fünfundzwanzig Jahre später in einem deutschen Labor – wohl der Genetik – einen neu gekommenen japanischen Wissenschaftler getroffen. Möchte mit ihm reden, aber worüber? Sein Fachgebiet ist mir ein Rätsel, seine Sprache ebenso trotz angeblich alles verbindendem Englisch. Die Atombomben wage ich nicht zu erwähnen, und als Mann ist er Konkurrenz. Von einer Japanerin hatte ich noch nicht die geringste Vorstellung. Hiroshima – mon amour – im Film war sie Französin. MIT – mon amour dort zuerst auch eine Französin, aber sie heiratete einen Japaner. Eine spätere Freundin dort war dann jüdisch und sprach Englisch.

Langsam geht es in halbwache Tagträume über. Eine schräge Mischung von durcheinander redenden verschiedensten Expats in der BookBar nicht weit von der Tempelstadt in Bangkok, vierzig Jahre später. Lange Bücherregale ziehen sich an beiden Seiten des am Abend gut gefüllten Raumes hin. Ein nicht gerade schlanker Engländer, etwa 35, hat einen einjährigen, aber für unsere Vorstellung extrem früh entwickelten, unübersehbar wie mindestens 90% Thai aussehenden Sohn dabei, von dunkler Haut, voller Power und Boy genannt. Getuschel, ob der sein Sohn ist. Er selbst ist voll davon überzeugt. Ein anderer sagt hinter seinem Rücken, er täte ihm leid. Einige Zeit später taucht die vitale Thai Mutter auf, attraktiv und trotz Englisch unzugänglich. Die Situation bleibt unklar. Dann nach ein paar Tagen kommt sie erneut, aber ziemlich angetrunken. Ich frage sie in diesem Zustand direkt, ob er sein Sohn sei. Selbstverständlich, für wen hältst du mich denn? lallt sie. Im ersten Moment falle ich darauf hinein. Bald darauf verschwindet er mit dem Boy aus Bangkok nach Kanchanaburi (sprich Ganschanábuli) und wieder etwas später werde ich dorthin eingeladen, mehrere Stunden Bahnfahrt auf Holzbänken. Er sagt, er sei jetzt als Gärtner dort glücklich, von einem reichen dort lebenden Deutschen angestellt, recht weit außerhalb des Ortes in einem neuem und bereits chaotischen Bungalow. Dieser nimmt mich zum Schluss mit einem protzigen Auto zum Bahnhof mit und sagt fast hämisch, wie dumm jener doch sei, dass er glaube, der Vater zu sein. Eine Weile nach meiner bald folgenden Rückkehr nach Berlin erfahre ich im Internet, dass dieser reiche Mensch dort steckbrieflich wegen schwerer Unterschlagung gesucht wird. Anzeigen oder nicht? Mir wird das deutlich abgeraten und dem folge ich.

Traum oder Krimi, Kraut und Rüben? So kommt man, kam ich etwas weiter dazu, über Grenzen ganz anders als in Moral oder der Politik oder Innenleben zu sinnieren. Hat das mit Philosophie zu tun?


200919



Verschmelzende Subjekte und Objekte

Trennung von Menschen und Interessen geringer bei Autisten und schizothymen Personen

Entwicklung beruht auf Abweichungen vom Durchschnitt. Diese können, aber müssen nicht innerhalb eines vorgegebenen festen Rahmens liegen. Fest besagt dabei strenge Logik, also keine Zulassung von Grenzüberschreitungen. Solche eingeschränkte Entwicklung mag als Wachstum bezeichnet werden.

Echte Entwicklung im Sinne von nicht eingeschränkt könnte dagegen einen solchen Rahmen über-, durch- oder unterschreiten, welcher also irgendwie transparent wäre und Vorstellungen moderner Quantenmechanik nahekommt.

Das mangelnde Bewusstsein für diese Verhältnisse in der breiten Öffentlichkeit hat vage sprachliche und beurteilende Ausdrucksweise zur Folge. Im ersten Fall wird vielfach von Normalität, im zweiten dagegen von Krankheit oder gar Strafbarkeit gesprochen.

Mathematisch kann ein solcher Rahmen als unendlich hohe oder aber nur endliche Singularität verstanden werden. Im Leben beinhaltet der Unterschied jedoch entweder Unfähigkeit oder Fähigkeit zu einer Form von Fortpflanzung, welche mehr als nur nahezu oder vollständig Bildung von Klonen ist, also eine deutlich veränderte neue Generation ermöglicht. Hier soll nicht darauf eingegangen werden, was das somatisch bedeutet, sondern was das klassisch geisteswissenschaftlich bzw. naturwissenschaftlich gesehen für das Gehirn bedeutet.

Klassisch gesehen handelt es sich um Bezüge zwischen Subjekten und Objekten. Die Abbildung derselben kann in der modernen Hirnforschung untersucht und bildlich dargestellt werden. Dabei haben nun neuere Arbeiten zunehmend gezeigt, dass Subjekte und Objekte entweder an denselben Stellen im Hirn erfasst werden können oder an verschiedenen. Der erste Fall scheint weitgehend einem üblichen Verständnis von Normalität zu folgen, während im zweiten Fall Veränderungen im Sinne von Anormalität oder sogar Krankheit angenommen werden. Dabei könnte es sich insbesondere um Autismen und schizophrene Abweichungen handeln. Erstere aber werden heutzutage gehäuft bei wie in der Mathematik singulär genannten Situationen und Lebenserfahrungen beobachtet, womit vor allem traumatische Erlebnisse durch stark bedrohliche Ereignisse wie Katastrophen oder Krieg gemeint sind.

Autismen und Schizophrenie können in sehr verschiedenem Ausmaß auftreten, vom leichteren Veränderungen, die möglicherweise sogar vorteilhaft wären bis hin zu schweren Fällen, die ganz klar schwere Krankheiten darstellen und entsprechend behandelt werden müssen. In der Natur scheint hier durch Selektion á la Darwin entschieden zu werden. Je mehr es sich dagegen um Fragen von Kultur handelt, desto schwieriger wird dieses Problem, wobei Probleme als von uns selbst zu lösende Aufgaben gesehen werden.

Im eigenen Leben des Autors der Fall gewesen sind heftige Kriegserlebnisse und offensichtlich aber bislang nicht durch genaue Diagnose daraus folgende weitgehend fehlende Trennung von Subjekt und Objekt, meist eingeordnet als Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS). Menschen werden dabei häufig mit den von ihnen vertretenen Interessen gleichgesetzt und gesucht oder fallen gelassen entsprechend der aktuellen Bedeutung der betreffenden Probleme. Das wird jedoch oft weder von diesen noch von außenstehenden Personen bewusst realisiert und kann zu unbewussten eher negativen Reaktionen im Verhalten führen.

Doch wie bereits angedeutet können diese Veränderungen unter gewissen Umständen auch vorteilhaft sein. Naheliegend kann die grimmige Realität sein, dass im Krieg gelernt wird oder sogar gelernt werden muss, dass derjenige eher überlebt, der schneller oder kräftiger schießt. Früher waren die Kampfhandlungen jedoch hauptsächlich auf Subjekte, sprich Menschen gerichtet, während heutige Kriegsführung viel stärker auf materielle Zerstörung, also von Objekten abzielt. So mag also die zunehmende Verwischung das Unterschiedes von Subjekt und Objekt vorteilhaft und verständlich sein und damit eine andere Selektion als in der Natur befördern. Schwächer ausgeprägter Autismus kann demnach durchaus sinnvoll sein und wird bekanntlich auch in vielen anderen Bereichen als günstig für das Entstehen von Hochleistungen angenommen, etwa bei „Wunderkindern“. Sehr fraglich wird dadurch die gewiss unscharfe Abgrenzung dessen, was als Krankheit zu bezeichnen sein kann.

© Hans J. Unsoeld, Berlin 2020

20092

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